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Wohlfühlatmosphäre in warmen Holztönen: Moderne Hybrid-Holzbauweise macht das Bäckereicafé Härdtner in Kupferzell zu einem Ort, an dem man gerne verweilt und seinen Cappuccino genießt. Copyright: Thilo Ross Fotografie
Der Hallenbau mit Holz ist schon längst keine Nische mehr. Denn Holz ist ein Statement für den Klimaschutz – und ein vielseitiges Material, das den Baustoffen Stahl und Beton in vielen Bereichen technisch und funktional überlegen ist.
Egal, was Unternehmen herstellen, sie benötigen Hallen: Produktionshallen, Lagerhallen, Logistikhallen, Ausstellungshallen und mehr. Meist sind diese noch aus Stahl oder Beton gebaut. Dennoch: Immer mehr Unternehmen entscheiden sich bei Neubauten und Erweiterungen für das Baumaterial Holz. Mittlerweile wird beispielsweise in Baden-Württemberg und Bayern fast jedes dritte Gebäude im Nichtwohnungsbau in Holzbauweise errichtet.
Bei gewerblichen Bauten zählen nach wie vor in erster Linie die Wirtschaftlichkeit und Funktionalität. Doch diese Kosten-Nutzen-Rechnung geht heute nur noch auf, wenn andere, nicht so einfach bilanzierbare Faktoren wie Bau- und Betriebskosten einbezogen werden. Denn ein nachhaltiges, der Umwelt und Gesellschaft gegenüber verantwortliches Handeln ist in Zeiten des Klimawandels und der globalen Krisen unerlässlich. Julian Delekat, Vertriebsleiter von Schaffitzel Holzindustrie aus Schwäbisch Hall, sieht im Hallenbau mit Holz ein klares Zeichen für die gewachsene Bedeutung von Nachhaltigkeit und Werten: „Wer heute eine Halle plant, denkt längst über reine Funktionalität hinaus. Viele Unternehmen machen damit auch ihre Haltung deutlich: Wir haben verstanden, dass wir neue Wege einschlagen müssen. Wir wollen Verantwortung übernehmen. Wir wollen zeigen, dass Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit nicht im Widerspruch stehen, sondern sich ergänzen.“ Das Bauen mit Holz verdeutlicht diese Selbstverpflichtung und Paradigmenwechsel weit glaubhafter als ESG-Siegel oder niedergeschriebene Unternehmenswerte. Und ganz nebenbei bietet eine Halle aus Holz den Mitarbeitenden ein sehr angenehmes Arbeitsumfeld.
Die neue Abfüllanlage der Alpirsbacher Klosterbräu wurde auf dem Dach der alten errichtet. Da die technische Ausrüstung der Anlage bereits sehr schwer ist, musste die rund 1.000 m² große Aufstockung umso leichter sein. Copyright: Fischer Fotodesign, Elzach
Die Baustoffe Beton und Stahl sind nicht nachhaltig. Die Zementproduktion ist einer der größten Emittenten des Treibhausgases Kohlenstoffdioxid. Stahl ist zwar beliebig oft wiederverwertbar. Doch auch wenn viel von „grünem, klimaneutralem Stahl oder Beton“ zu lesen ist, bleiben diese auf absehbare Zeit Baumaterialien, bei deren Produktion große Mengen an CO2 ausgestoßen werden. So werden für einen Kubikmeter Stahlbeton bei der Herstellung rund 320 kg CO₂ freigesetzt.
Anders bei Holz: Das in Form von Brettschichtholz häufig eingesetzte Fichtenholz speichert rund 800 kg CO2 pro Kubikmeter. Das im Holz gebundene CO2 ist dauerhaft gespeichert. Schon eine mittelgroße Logistikhalle mit rund 5.000 m² Fläche bindet mehrere Hundert Tonnen CO₂. Damit leistet sie einen relevanten Beitrag zum Klimaschutz als CO2-Senke. Das erleichtert nicht nur das Erreichen von ESG-Zielen, sondern unterstützt auch die nachhaltige Forstwirtschaft und damit den Klimaschutz. Denn damit unsere heimischen Wälder ihre Funktion als einer unserer größten CO2-Speicher erfüllen und sogar steigern können, müssen regelmäßig alte Bäume entnommen und ihr Holz möglichst dauerhaft erhalten bleiben – zum Beispiel in Form von Holzbauten. Die Lücken im Wald schließen junge Bäume, die übrigens auch schneller wachsen und so mehr CO2 einspeichern als die alten.
Wer ein Holzhaus bewohnt, kennt diese Frage: Und was ist, wenn es brennt? Die gleiche Frage stellt sich bei Gewerbehallen aus Holz. Das Vorurteil, Holz sei aus Gründen des Brandschutzes ein schlechtes Material, hält sich hartnäckig. Und ist falsch. Denn Holzkonstruktionen mit den großen Querschnitten verhalten sich anders als das Scheitholz im Kachelofen – und auch anders als die sägerauen Dachsparren von Wohnhäusern: Holzbinder und -stützen, wie sie im modernen Hallenbau verwendet werden, besitzen eine relativ glatte Oberfläche mit wenigen oder gar keinen Rissen und Astlöchern. Durch die geringe Wärmeleitfähigkeit von Holz können Feuer und Hitze kaum tief eindringen. Stattdessen bildet sich auf den Außenseiten eine Verkohlungsschicht aus verbranntem Material, die das Holz im Inneren schützt und den Querschnitt stabil hält. Die Tragfähigkeit des Bauelements bleibt so weitgehend erhalten. Dadurch erreichen Holzkonstruktionen bei ausreichender Dimensionierung problemlos Feuerwiderstandsklassen wie R30 oder R60 – ganz ohne Anstriche oder Beschichtungen.
Anders sieht es bei den nicht brennbaren und damit vermeintliche sicheren Stahl- oder Stahlbetonkonstruktionen aus: Stahl hat bei nur rund 400° C einen Großteil seiner Festigkeit verloren. Temperaturen, die durch Feuer und Rauchgase im Inneren von Hallen schnell erreicht werden. Entsprechend schnell und weit über den Brandherd hinaus verformen sich Stahlkonstruktionen und geben nach. Um das zu verhindern, müssen sie mit mineralischen Ummantelungen versehen werden. Früher kam dafür häufig Asbest zum Einsatz, heute meist Materialien, die künstliche Mineralfasern enthalten. Die Entsorgung dieser Stoffe ist aufwändig und entsprechend teuer.
Bei Beton kann die Brandhitze zu Materialabplatzungen an der Außenseite führen. Diese können den Bewehrungsstahl freilegen, was bei vorgespannten Betonträgern zu deren schlagartigem Versagen führen kann. Kurz zusammengefasst: Obwohl nicht brennbar, haben Stahl und Stahlbeton im Brandfall deutliche Defizite. Holz dagegen bleibt von Natur aus berechenbarer und sicherer. Man spricht nicht umsonst vom „gutmütigen Bruchverhalten“ von Holz.
Stahl und Beton sind schwer. Holz bringt nur einen Bruchteil davon auf die Waage. Und leichtere Konstruktionen bedeuten auch meist geringere Baukosten und ein Mehr an Möglichkeiten: Denn Fundamente können kleiner dimensioniert und auf die teure Ertüchtigung weniger tragfähiger Baugründe kann unter Umständen verzichtet werden. Und die leichten Holzkonstruktionen erlauben auch oft, Bestandsgebäude aufzustocken, ohne diese statisch aufwändig ertüchtigen zu müssen. Beispielsweise wiegt ein einziger Stahlbetonbinder so viel wie fünf bis acht Brettschichtholz-Binder. Das reduziert auch die Transportkosten, denn pro Fahrt können mehr Bauelemente geladen werden, ebenso wie die Kosten der Montage. Übrigens ermöglicht die hohe Tragfähigkeit von Brettschichtholz-Bindern große stützenfreie Hallen, deren Spannweite sich durch zusätzliche Unterzüge wirtschaftlich steigern lässt.
Das Logistikzentrum Lütvogt in Wagenfeld misst 10.300 m². Für dessen Dachtragwerk wurden 1.150 m³ Brettschichtholz verbaut – was einer CO2-Speicherung von fast 1.000 t entspricht. Auf dem Gründach wurde eine Sandtrockenrasenfläche angelegt, die Lebensraum für zahlreiche bedrohte Insekten- und Vogelarten bietet. Copyright: Steffen Spitzner
Die Erfahrung zeigt: Die Kosten für den Betrieb eines Gebäudes, vor allem für Beheizung und Kühlung, übersteigen dessen Baukosten oft. Holz besitzt von Natur aus eine geringe Wärmeleitfähigkeit. Hallen aus Holz haben deshalb ein angenehmes, ausgeglichenes Raumklima: Im Winter bleibt es warm, im Sommer angenehm kühl. Das sorgt für spürbar niedrigere Betriebskosten ein Gebäudeleben lang.
Je mehr Holz verbaut ist, desto konstanter sind die Temperaturen. Wände lassen sich in Brettsperrholz ausführen, Decken als Brettsperrholz- oder Brettschichtholzdecken – auch als Zwischendecken. Auf dem Dach bieten sich Photovoltaikanlagen an, ebenso wie eine Begrünung. Beides lässt sich hervorragend mit der Holzbauweise verbinden und rundet das nachhaltige Gesamtkonzept ab.
Fazit: Der Hallenbau mit Holz ist oft eine wirtschaftliche Lösung. Denn Gewerbehallen aus Holz sind ebenso funktional wie konventionelle aus Stahl oder Beton – und können auch beim Brandschutz mehr als überzeugen. Das geringere Gewicht von Holzkonstruktionen macht Aufstockungen und das Bauen im Bestand einfacher. Durch die guten Dämmeigenschaften von Holz sind die Betriebskosten ein Gebäudeleben lang niedrig, das Raumklima angenehm und eine Halle aus Holz ein Aushängeschild für ein Unternehmen.