Gen AI
So lohnt sich der KI-Einsatz in Unternehmen
Bringt generative Künstliche Intelligenz einen Wettbewerbsvorteil? Ja, sagen McKinsey-Experten – unter bestimmten Voraussetzungen. Worauf Unternehmen achten sollten, um das Potenzial der Technologie auszuschöpfen.
Experten für generative Künstliche Intelligenz im Unternehmen können Einsatz und Skalierung der Technologie deutlich beschleunigen. (Foto: Adobe Stock)
Deutsche Unternehmen setzen große Hoffnungen in den Einsatz generativer Künstlicher Intelligenz (KI), die in der Lage ist, Texte, Bilder oder Code zu erzeugen: Rund 70 Prozent betrachten diese Technologie laut einer aktuellen Umfrage des Digitalverbandes Bitkom als besonders aussichtsreich. Tatsächlich genutzt wird sie allerdings erst von zwei Prozent der befragten Firmen, während weitere 13 Prozent die Einführung planen.
In der Praxis erfüllt generative KI (genAI) bisher meist nicht die hohen Erwartungen, berichtet McKinsey-Partner Holger Hürtgen, einer der beiden Leiter von QuantumBlack, dem KI-Implementierungsarm von McKinsey & Company in Deutschland. Zwar attestieren McKinsey-Analysen der Technologie ein enormes Wertschöpfungspotenzial. „Viele Unternehmen mussten jedoch feststellen, dass es herausfordernd ist, dieses Potenzial über den Status des Testens und Experimentierens hinaus zu heben und zu skalieren“, sagt Hürtgen.
Tools wie ChatGPT haben generative KI bekannt und leicht zugänglich gemacht. Doch für einen erfolgreichen Einsatz in Unternehmen sei der bloße Erwerb entsprechender Lizenzen nicht ausreichend, betont Hürtgen. Entscheidend sind vielmehr ein klares Konzept und der Aufbau passender Kompetenzen sowie Organisationsstrukturen. „Unter diesen Voraussetzungen kann die Technologie Unternehmen einen echten Wettbewerbsvorteil schaffen“, erklärt der Experte. So sollten Unternehmen konkret vorgehen:
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GenAI als Unterstützung, nicht als Ersatz für Mitarbeiter betrachten
Hürtgen empfiehlt, vorgefertigte genAI-Tools als Assistenten für menschliche Mitarbeiter zu nutzen, um deren Effizienz zu steigern. Er sieht dabei drei mögliche Ansätze: Unternehmen können als Nutzer vorhandene Tools anwenden, als Gestalter bestehende genAI-Modelle in ihre Prozesse integrieren und ihnen Zugriff auf Unternehmensdaten gewähren oder als Hersteller eigene Modelle entwickeln, was jedoch meist mit hohen Kosten verbunden und damit unrentabel ist.
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Die genAI-Nutzung auf das Einsatzgebiet abstimmen
„Für geschäftsdifferenzierende Bereiche sollten Unternehmen den Gestalter-Ansatz wählen“, rät Matthias Roggendorf, Partner aus dem Berliner McKinsey-Büro, der mit Hürtgen QuantumBlack in Deutschland leitet. So könnten eigens angepasste genAI-Modelle im Kundenservice etwa die Bearbeitung von Kundenanfragen beschleunigen – ein Weg, den die ING Bank mit Unterstützung von McKinsey eingeschlagen hat (siehe Kurztextgalerie). Für Bereiche wie das Finanzwesen, das bei den meisten Unternehmen nicht zum Kerngeschäft gehört, empfiehlt Roggendorf dagegen die Nutzung fertiger genAI-Tools. Mit ihrer Hilfe lassen sich beispielsweise unstrukturierte Finanzdaten für Analysen aufzubereiten.
Die ING Bank nutzt Generative KI im Kundenservice
- Das Problem
- Die Bank sah sich im Kundenservice mit sehr vielen Anfragen konfrontiert, was zu langen Wartezeiten, unzufriedenen Kunden und hohen Kosten führte. Sie wollte den Service verbessern und zugleich Kosten sparen.
- Die Lösung
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In Zusammenarbeit mit McKinsey hat die ING einen Chatbot auf Basis von generativer Künstlicher Intelligenz (KI) entwickelt. Der Bot versteht natürliche Sprache und kann auf eine Vielzahl von Kundendaten zugreifen, um personalisierte Antworten zu geben und den Kunden bei der Erledigung von Aufgaben zu helfen. Er ist rund um die Uhr verfügbar und kann so auch Kunden in anderen Zeitzonen unterstützen.
- Das Ergebnis
- Der Chatbot wird von den Kunden sehr gut angenommen und häufig genutzt. Er hat die Wartezeiten deutlich reduziert und so die Kundenzufriedenheit gesteigert. Gleichzeitig sind die Kosten in diesem Bereich für die ING Bank gesunken.
- Die Zukunft
- Die Bank sieht in generativer KI großes Potenzial, um die Kundenorientierung zu verbessern und die Effizienz zu steigern. Der Chatbot wird daher ständig weiterentwickelt und um neue Funktionen erweitert. Zudem plant die ING, ihn auch in anderen Geschäftsbereichen einzusetzen, zum Beispiel in Vertrieb und Marketing.
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Vorteile durch genAI-Nutzung realisieren
Beim Einsatz generativer KI im Kundenservice beispielsweise sinkt zwar der Personalbedarf, doch bringt dies einem Unternehmen nicht automatisch Vorteile. Diese stellen sich nur ein, wenn beispielsweise freiwerdende Kapazitäten für strukturelle Verbesserungen oder das Wachstum des gesamten Unternehmens eingesetzt werden. Eine vorausschauende Personalplanung kann den Effekt zudem nutzen, um dem Fachkräftemangel zu trotzen. Aus dem Produktivitätszuwachs lässt sich also nur dann ein handfester Vorteil ziehen, wenn weitere Schritte folgen. „Es ist essenziell, diese Hebel schon vor der KI-Einführung zu identifizieren“, mahnt Roggendorf. Denn nur so sei garantiert, dass das Unternehmen mit seiner Investition tatsächlich einen Wettbewerbsvorsprung erlangt.
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Kompetenzen für den genAI-Einsatz aufbauen
Ohne Kompetenzen etwa zur Feinabstimmung generativer KI-Modelle, zur Datenbankverwaltung und zur Formulierung von Anfragen an die KI, dem sogenannten Prompt-Engineering, kann der genAI-Einsatz nicht zum Erfolg führen. „Es handelt sich um Fähigkeiten, die sich die vorhandene Belegschaft in vielen Fällen aneignen kann“, so Hürtgen. Unternehmen könnten ihre Fortschritte allerdings stark beschleunigen, wenn sie einige erfahrene Entwickler mit genAI-Expertise einstellen.
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Skalierung von genAI mit einem zentralisierten Team vorantreiben
Hürtgen rät zur Bildung eines zentralisierten Teams, das genAI-Kompetenzen bündelt. So können alle Unternehmensbereiche generative KI-Funktionen anwenden, während zugleich Risiken und Kosten unter Kontrolle bleiben. Konkret soll sich dieses Team etwa um die Beschaffung von genAI-Modellen, die Festlegung von Zugriffsmethoden, die Entwicklung von Standards für Datenbereitschaft, die Einrichtung genehmigter Prompt-Bibliotheken und die Zuweisung von Ressourcen kümmern. Wichtig sei allerdings, dass die Fachbereiche eng in die Erstellung von Lösungen einbezogen werden sowie die Leitung entsprechender Initiativen übernehmen. So lasse sich ihre Unterstützung gewinnen, zudem könnten so im Laufe der Zeit dezentrale KI-Kompetenzen aufgebaut werden.
Das wirtschaftliche Potenzial generativer Künstlicher Intelligenz
- Die Effekte
- Laut einer Analyse der Unternehmensberatung McKinsey vermag generative Künstliche Intelligenz (KI) Arbeitsschritte teilweise zu automatisieren, Menschen von Routinearbeiten zu entlasten und so neue Freiräume für kreative Arbeit und Innovation zu schaffen. So lasse sich nicht nur dem Fachkräftemangel begegnen, sondern auch das in den vergangenen Jahrzehnten verlangsamte Produktivitätswachstum kompensieren, betonen die Autoren.
- Die Zahlen
Durch eine frühzeitige Adaption von genAI könnte das Bruttoinlandsprodukt Deutschlands bis 2040 um bis zu 585 Milliarden Euro steigen – ein Zuwachs von 13 Prozent. Das damit verbundene Automatisierungs- und Innovationspotenzial könnte in demselben Zeitraum die Produktivität um 18 Prozent schneller wachsen lassen und somit die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands signifikant steigern.
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Nutzung von Unternehmensdaten durch genAI sicherstellen
Entscheidend für die Wertschöpfung durch genAI sei die reibungslose Nutzung von Unternehmensdaten, betont Roggendorf. „Die Datenarchitektur muss sicherstellen, dass generative KI-Anwendungen auf interne Systeme zugreifen können, sowohl für das Training als auch im operativen Betrieb“, empfiehlt er. Zu den Schlüsselelementen gehören dabei ein Modell-Hub, der trainierte und freigegebene genAI-Modelle enthält; Standard-Schnittstellen, die als Brücken zwischen generativen KI-Modellen und Anwendungen oder Daten fungieren; sowie Methoden, die genAI-Modellen schnell relevante Informationen aus Unternehmensdatenquellen zur Verfügung stellen. Außerdem relevant: Die Qualität bestehender Daten zu steigern und bislang ungenutzte, unstrukturierte Daten für die Nutzung mittels generativer KI zu erschließen.
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Durch Transparenz Vertrauen in genAI-Tools schaffen
Bei der Einführung generativer KI-Tools sehen die Experten höheren Erklärungsbedarf als bei anderen technischen Lösungen. Aufgrund vieler Vorbehalte gegenüber der Technologie gelte es, maximale Transparenz zu schaffen. „Wer die Tools benutzt, sollte nicht nur verstehen, was sie tun, sondern auch, wie sie es tun und wo ihre Grenzen liegen“, erklärt Hürtgen. Das dadurch geschaffene Vertrauen sei die Basis für den unternehmensweiten Einsatz und die substanzielle Änderung von Geschäftsprozessen durch Automatisierung ganzer Prozessketten.
Der Einsatz von genAI stellt also einige Anforderungen an Unternehmen, die sich zudem stetig weiterentwickeln. „Die Technologie-Landschaft verändert sich so schnell, dass wir wahrscheinlich in einem Jahr ein grundlegend anderes Verständnis von generativer KI und ihren Fähigkeiten haben werden“, sagt Hürtgen. Dennoch blieben die Grundprinzipien der Wertschöpfung und des Wandels bestehen. Wie gut Unternehmen diese Prinzipien umsetzen, entscheide darüber, ob sie das Potenzial von genAI ausschöpfen.