Elektroautos fahren emissionsfrei, doch die Produktion ihrer Stromspeicher stößt beträchtliche Mengen CO2 aus. Akkurecycling schont laut einer McKinsey-Studie das Klima – und birgt zudem enormes Wertschöpfungspotenzial.
Über die Klimabilanz von E-Autos entscheidet nicht allein, aus welcher Quelle der Strom zum Laden kommt, sondern auch, wie viel Treibhausgas bei ihrer Produktion entsteht. Größter Faktor dabei ist nach Berechnungen des Beratungsunternehmens McKinsey die Herstellung der Batterie: Auf sie entfallen 40 bis 60 Prozent der gesamten Produktionsemissionen. „Die Herstellung der Batterie kann also klimaschädlicher sein als die aller anderen Materialien, die zu einem Elektrofahrzeug gehören“, betont Martin Linder, Batterie-Experte bei McKinsey.
Linder ist Co-Autor einer Studie, die das Potenzial zur Emissionsminderung durch vermehrtes Batterierecycling ebenso beleuchtet wie das dabei entstehende Wertschöpfungspotenzial. Der Einsatz recycelter statt neu gewonnener Rohstoffe hat der Expertenanalyse zufolge große Auswirkungen auf den CO2-Fußabdruck der Batterien: „Dieser lässt sich durch Verzicht auf den emissionsintensiven Abbau von Materialien wie Lithium und Nickel um ein gutes Viertel reduzieren“, sagt Linder.
Die Wiedergewinnung dieser Stoffe aus gebrauchten Batterien erlangt auch deshalb zunehmend an Bedeutung, weil neu abgebaute Rohstoffe knapp werden: Hersteller warnen bereits vor Engpässen beim Leichtmetall Lithium. Die Menge gebrauchter Lithium-Ionen-Batteriezellen dagegen wird in den kommenden Jahrzehnten parallel zur Zahl der E-Autos auf den Straßen stark steigen: Laut McKinsey-Prognose werden schon 2035 rund 6,8 Millionen Tonnen an gebrauchten Akkus anfallen, im Jahr 2040 sogar 19,3 Millionen Tonnen. Hinzu kommen unbrauchbare Akkus, die direkt nach der Produktion aussortiert werden – 2040 immerhin weitere 1,2 Millionen Tonnen.
An Material zur Gewinnung von Sekundärrohstoffen für die Produktion neuer Stromspeicher mangelt es auf lange Sicht also nicht. Auch existieren bereits etablierte Recyclingverfahren: So gelingt es durch das Einschmelzen der kompletten Batterien, wertvolle Metalle wie Kobalt oder Nickel zu lösen. Die Batterien zu zerlegen und zerkleinern, um die Metalle dann durch Einsatz von Chemikalien zu separieren und für die erneute Verwertung aufzubereiten, stellt jedoch den effizienteren Weg dar.
Und die Entwicklung schreitet weiter voran: „Noch effizientere Verfahren, die zudem weniger CO2 ausstoßen, befinden bereits auf dem Weg zur Marktreife“, erklärt Linder. Dazu gehöre etwa die sogenannte Flotation, ein aus dem Bergbau bekanntes Verfahren, bei dem Stoffe durch die Ausnutzung unterschiedlicher Oberflächeneigenschaften in Wasser voneinander abgetrennt werden können. Im Gegensatz zu den bisher gängigen Prozessen lasse sich damit auch das Mineral Graphit zurückgewinnen, das bis zu einem Viertel des Gewichtes gebrauchter Akkus ausmache, so die Studienautoren.
Batterierecycling ist ihrer Analyse zufolge aber nicht nur ökologisch sinnvoll und angesichts knapper Rohstoffe notwendig, sondern wird in naher Zukunft auch finanziell profitabel sein: Schon im Jahr 2025 könnte der Wert, der aus einer Tonne recyceltem Batteriematerials entsteht, bei rund 560 Euro liegen. Eine Summe, die aufgrund steigender Rohstoff- und sinkender Recyclingkosten weiter steigen wird. Bis zum Jahr 2040 prognostizieren die Autoren Einnahmen von rund 88 Milliarden Euro jährlich entlang der gesamten Wertschöpfungskette des Batterierecyclings.
Mit dem Markt wächst auch die Konkurrenz: Innerhalb der Recyclingbranche tritt neben Firmen, die lediglich einzelne Wiederverwertungsschritte übernehmen, eine wachsende Zahl von Unternehmen, die den gesamten Prozess inklusive des Transports gebrauchter Akkus zu ihren Anlagen übernehmen. Auch ehemals branchenfremde Akteure wie Batteriehersteller, Zulieferer der Automobilindustrie und Autobauer selbst haben Pilotprojekte zum Recycling von Akkus gestartet.
Wie sich behaupten in einem derart umkämpften Sektor? Laut McKinsey-Studie sollten Unternehmen, die bislang nur einzelne Schritte des Wiederverwertungs-Prozesses abbilden, Partnerschaften mit anderen Akteuren in der Wertschöpfungskette eingehen, um attraktive Komplettlösungen anbieten zu können. Für alle Recycling-Unternehmen essenziell ist, den Nachschub an Rohmaterial in Form gebrauchter oder fehlerhafter Batterien sicherzustellen. Das kann der Studie zufolge durch entsprechende Verträge mit Herstellern und Unternehmen der Automobilindustrie gelingen.
Um in Technologien zur effizienteren Wiederverwertung investieren zu können, sollten sich Recycler mit Herstellern über Änderungen am Batteriedesign abstimmen. Das geschehe im beiderseitigen Interesse, denn letztlich sei ein profitables Akkurecycling nicht nur für den wirtschaftlichen Erfolg der beteiligten Unternehmen essenziell, sondern auch für den Durchbruch der E-Mobilität an sich, analysiert Linder. „Die notwendige Skalierung der Lieferkette kann der Automobilindustrie ohne Transformation der Batteriefertigung zur Kreislaufwirtschaft nicht gelingen“, so die Überzeugung des Experten.
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