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CIRCULAR ECONOMY

Auf dem Weg zur textilen Kreislaufwirtschaft

Neue Methoden des Recyclings von Kleidung können die CO2-Emissionen der Modeindustrie senken und einen ganz neuen Wirtschaftszweig schaffen, zeigt eine McKinsey-Studie. Voraussetzung sind aber Milliarden-Investitionen.

Der überwiegende Teil des in Europa anfallenden Textilmülls landet bislang nicht in Recyclinganlagen, sondern auf Deponien. (Foto: Adobe Stock)

Nur jedes hundertste entsorgte Kleidungsstück wird zu neuer Mode recycelt. Das ist die ernüchternde Erkenntnis einer Studie des Beratungsunternehmens McKinsey zum Potenzial verbesserter Verfahren des Textilrecyclings. Zwar wird ein Teil des textilen Abfalls immerhin zu einfachen Produkten wie Lappen weiterverarbeitet, der Großteil jedoch landet auf Mülldeponien oder wird verbrannt.

McKinsey-Studie zum Potenzial des Textilrecyclings

Die gute Nachricht: „Bereits im Jahr 2030 könnten zwischen 18 und 26 Prozent des Textilmülls für die Herstellung von neuen Kleidungsstücken wiederverwertet werden“, erklärt Stefan Helmcke, Senior Partner und Co-Leiter der globalen Sustainability Practice bei McKinsey & Company. Für diesen Schritt in Richtung einer textilen Kreislaufwirtschaft allerdings gelte es, Recyclingtechniken weiterzuentwickeln und ihr Potenzial konsequent auszuschöpfen.

Denn bislang besteht die gängige Methode der Wiederverwertung in der mechanischen Zerkleinerung von Textilien bis auf die Ebene einzelner Fasern, die dann als Rohstoff für neue Produkte nutzbar sind. Das Problem dabei: Die Fasern verkürzen sich um 30 bis 40 Prozent, wodurch sie nur noch bedingt zur Herstellung von Stoffen für die Modeindustrie geeignet sind. Deshalb findet ein Großteil des so gewonnenen Sekundärrohstoffes nur in geringerwertigen Produkten wie Polstern oder Reinigungstüchern Verwendung.

Neue Recyclingverfahren in der Testphase

„Dabei stellt das so genannte Fiber-to-Fiber-Recycling, bei dem aus Textilfasern neue Fasern für neue Mode hergestellt werden, gerade die nachhaltigste Möglichkeit dar, um aus Müll etwas Neues mit Wert zu generieren“, erklärt Karl-Hendrik Magnus, Senior Partner und Leiter der Modeindustrieberatung bei McKinsey in Deutschland. Das gelinge etwa durch schonendere Zerkleinerungsmethoden, welche die Fasern kaum verkürzen. Entsprechende marktreife Verfahren stehen laut Studie durchaus zur Verfügung, konnten sich allerdings aufgrund höherer Kosten noch nicht in größerem Umfang durchsetzen.

Potenzial bietet Magnus zufolge auch das chemische Recycling. Gemeint sind verschiedene chemische Prozesse, die Textilfasern bis auf Polymer- oder Molekülebene aufspalten können und sowohl für Baumwolle als auch Kunstfasern geeignet sind. Die so gewonnenen hochwertigen Sekundärrohstoffe eignen sich als Basis etwa für Kunstseide oder Polyester-Stoffe. Der Prozess verbraucht allerdings viel Energie und kommt bislang nur im Rahmen von Pilotprojekten im Einsatz.

Textilien aus Kunstfasern lassen sich außerdem noch durch thermo-mechanisches Recycling für neue Kleidung wiederverwerten. Dabei werden die synthetischen Stoffe eingeschmolzen. Ein Verfahren, das etwa beim Recycling von Plastikflaschen bereits etabliert ist, sich laut Magnus aber bei Textilien noch in der Testphase befindet. So besteht eine Herausforderung darin, dass nur gut vorsortierte Kunststoffe verarbeitet werden können.

Umweltbelastungen durch die Textilindustrie

Müll
Rund 7,5 Millionen Tonnen Textilmüll pro Jahr fallen allein innerhalb der europäischen Union an, nur ein kleiner Teil davon wird recycelt.
Treibhausgase
Bis zu zehn Prozent aller globalen CO2-Emissionen gehen derzeit auf das Konto der Mode- und Bekleidungsindustrie, im Jahr 2022 waren das rund 3,7 Milliarden Tonnen.
Wasserverbrauch
Rund 93 Milliarden Kubikmeter Frischwasser verbraucht die globale Textilindustrie jährlich.
Verschmutzung
Bei der Textilproduktion kommen 165 Chemikalien zum Einsatz, die die Europäische Union als giftig eingestuft hat. Beim Waschen geben Kleidungsstücke bis zu 900 Mikroplastik-Teilchen pro Quadratmeter Stoff ab, die so in den Wasserkreislauf gelangen.

 

Das Ziel eines umfänglichen Textilrecyclings erfordert insofern nicht nur marktreife Technologien, sondern stellt auch neue Anforderungen an das Lenken und Verarbeiten entsprechender Abfallströme. Um überhaupt genügend Ausgangsmaterial zu gewinnen, gilt es beispielsweise, die bei wiederverwertbarem Textilmüll derzeit niedrigen Sammelquoten von nur 30 bis 35 Prozent deutlich zu steigern.

Wertschöpfungspotenzial von bis zu 2,2 Milliarden Euro

Gesammelte Kleidungsabfälle müssen sodann nach Qualitätskriterien sortiert, Knöpfe und Reißverschlüsse müssen entfernt und Faserzusammensetzungen eindeutig identifiziert werden. Aufgaben, die angesichts der zahlreichen Akteure, die mit der Bearbeitung von Abfallströmen befasst sind, und des Vorherrschens manueller Arbeitsvorgänge nicht leicht zu bewältigen sind. Zudem besteht weiteres Forschungspotenzial: Aus Mischfasern hergestellte Produkte für Fiber-to-Fiber-Recycling aufzubereiten, stellt ein bislang ungelöstes Problem dar.

In Summe brauchte es Anstoß-Investitionen von bis zu 6,5 Milliarden Euro bis 2030, um das volle Potenzial des Textilrecyclings nutzen zu können, so die Analyse von Eric Hannon, Partner und Experte für Kreislaufwirtschaft bei McKinsey. Benötigt werde das Geld für verbesserte oder gänzlich neue Prozesse entlang der gesamten Wertschöpfungskette: vom Sammeln und Sortieren bis zum Aufbau von Recyclingfabriken. Eine Investition, die sich im Hinblick auf den Umweltschutz gleich doppelt lohne, wie Hannon betont: „Ein skaliertes Textilrecycling würde nicht nur die Menge an Müll reduzieren, sondern auch vier Millionen Tonnen CO2 einsparen.“

Zugleich biete diese Form der Kreislaufwirtschaft ein Wertschöpfungspotenzial von bis zu 2,2 Milliarden Euro bis zum Jahr 2030. Auf sechs bis acht Milliarden Euro Umsatz beziffert Kollege Helmcke die Größe des entstehenden Marktes, dort aktive Unternehmen könnten seiner Einschätzung nach Renditen zwischen 20 und 25 Prozent erwirtschaften und bis zu 15.000 Arbeitsplätze schaffen. Die entstehenden neuen Rohmaterialien könnten zudem der europäischen Modeindustrie Auftrieb geben, ergänzt Helmcke. „Dadurch könnte diese Recyclingindustrie am Ende sogar noch mehr Wert generieren“, glaubt er.

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