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Wie können wir Kindern Toleranz und die Schönheit von Vielfalt vorleben? Was ist LGBTQI+? Fragen wie diese beschäftigen und begleiten Riccardo Simonetti, Entertainer & LGBTQI+ Sonderbotschafter des Europäischen Parlaments, schon sein ganzes Leben. Der talentierte Künstler weiß: Mit der Schnelllebigkeit unserer immer bunter werdenden Welt wachsen auch unsere Fragen.
Und diese Fragen werden zum Glück gestellt - von Kindern und Erwachsenen. Noch nie wurde bei Google etwa so oft nach den Themen Vielfalt und Diversität gesucht wie Anfang des Jahres 2021. Hier erzählt Riccardo, warum er immer auf der Suche nach neuen Antworten ist - und wie er für andere Menschen das Vorbild sein möchte, das er sich selbst gewünscht hätte.
Als Entertainer und Aktivist versuche ich Unterhaltung und Engagement jeden Tag bestmöglich zu verbinden.Für mich ist es eine Herzensangelegenheit, Menschen auf unterhaltsame Art und Weise Zugang zu Themen zu verschaffen, denen sie gegenüber sonst vielleicht gar nicht offen wären. Da ich schon immer expressiv und feminin war und mich für Mode interessiert habe, war es für mich als schwulen Mann im konservativen Bad Reichenhall früher alles andere als einfach. Schon mit vier stand ich auf der Bühne und habe Kostüme geliebt. Doch man wird so schnell „gelabeled“, bekommt einen Stempel aufgedrückt.
Schnell wurde mir klar, dass ich das hinterfragen und ein Vorbild für andere Menschen sein möchte – genau das Vorbild, das ich mir früher selber gewünscht hätte. Anderssein ist nämlich keine Schwäche. Im Gegenteil: Es ist eine große Bereicherung. Diese Botschaft ist mir sehr wichtig. Die Tatsache, dass „Schwule Sau“ immer noch Schimpfwort Nummer Eins ist, ist ein Stich ins Herz und völlig inakzeptabel.
Zu den Top-Fragen in Verbindung mit dem Begriff »Gender« gehörten in der jüngsten Vergangenheit »Wie viele Gender gibt es?« und »Wie gendert man richtig?«. Ich persönlich definiere Geschlechter, Männlichkeit und Weiblichkeit mit Sicherheit anders als die berühmte „Norm“ und halte Stereotypen im Übrigen für völligen Humbug und realitätsfern. Niemand sollte sich falsch fühlen oder einen Stempel aufdrücken lassen – denn das führt zu Diskriminierung.
Gerade um das Thema Anti-Diskriminierung immer wieder in den Mittelpunkt der Gesellschaft zu rücken, bin ich Sonderbotschafter des Europäischen Parlaments. Natürlich frage ich mich immer wieder, wie gegen Intoleranz gegenüber Vielfalt in der Gesellschaft angekämpft werden kann. Daraus entstanden ist mein Kinderbuch „Raffi und sein pinkes Tutu“, in dem ich versuche, das Thema Toleranz kindgerecht zu erklären.
Riccardo Simonetti
Zum Glück werden heute Einstellungen und Stereotypen hinterfragt – und das ist unglaublich wichtig. Im Juni 2020 registrierte Google etwa ein Allzeithoch für den Suchbegriff »Diskriminierung«, im April galt das für den Suchbegriff »Gender«. Ich mache mich zusätzlich gern durch Aufklärungsarbeit stark. Doch wichtiger als die Frage, wofür etwas steht, ist die Frage, wie es Menschen geht. Für ersteres gibt es viele gute Erklärungen im Internet, da braucht man nur kurz recherchieren. Für letzteres muss man zuhören können und wollen.
Durch das Hinauswachsen über den eigenen Horizont und das Zuhören – auch das Hören der leisen Töne – habe ich unheimlich viel gelernt. Auch die tolle und bunte LGBTQI+ Community hat mir viel gezeigt. Man lernt immer dazu, lernt Menschen und Lebensentwürfe kennen. Wichtig ist es, einfach zuzuhören und im richtigen Moment Fragen zu stellen, ganz wertfrei.
Wie alle Kunstschaffenden stelle ich mir natürlich bei allem, was ich tue, die Frage, ob ich das wirklich tun möchte – oder ich mir vielleicht in einem Moment einfach den Applaus wünsche. Es ist nicht immer einfach, bei sich selbst zu bleiben. Meine Community fragt mich oft, wie ich es schaffe, immer so hyperselbstbewusst zu sein und über Kritik und Hate-Kommentare erhaben scheine. Das bin ich aber gar nicht und natürlich verletzt mich Abwertung und Ignoranz wie alle Menschen. Ich finde es unheimlich wichtig, auch zu Schwächen stehen zu können und sich Verletzlichkeit einzugestehen – das macht authentisch und menschlich.
Riccardo wünscht sich, dass mehr ehrliche Fragen gestellt werden und wir über Dinge sprechen, die uns wirklich beschäftigen. Schließlich hilft das Stellen von Fragen dabei, Schubladendenken zu überwinden und Vielfalt wirklich zu leben. Wenn auch in dir neue Fragen aufkommen, leg einfach los. Denn jede Suche bringt dich weiter.
Weitere Fragen und ihre jeweiligen Geschichten findet ihr hier:
Was ist Freiheit?
Freiheit bedeutet für mich erstmal ganz allgemein die Freiheit, Entscheidungen treffen zu können und nicht einfach nur irgendetwas machen zu müssen und dem Trott sprichwörtlich hinterher zu laufen.
Was bedeutet inklusive Sprache?
Die Sprache spielt bei der Marginalisierung von Minderheiten eine ganz zentrale Rolle. In meinen Augen ist sie häufig die Wurzel des Übels, wenn Kindern etwa von Klein auf durch bestimmte Mantras und Ideologien Schemata vermittelt werden.
Wofür steht LGTBQI+?
Wichtiger als die Frage, wofür etwas steht, ist die Frage, wie es Menschen geht. Für ersteres gibt es viele gute Erklärungen im Internet. Für letzteres muss man zuhören können und wollen.