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Warum deutsche Industrieunternehmen trotz aller Pandemie-Sorgen im internationalen Vergleich noch gut da stehen und welche tiefgreifende Veränderungen sie dafür vorgenommen haben.
In einer aktuellen Umfrage von Alvarez & Marsal (A&M), einer internationalen Unternehmensberatung, und der Deutschen Gesellschaft für Managementforschung (DGMF) wurden Vorstände und Top-Manager von 143 großen deutschen Industrieunternehmen befragt. Trotz des gegenwärtig herausfordernden wirtschaftlichen Umfelds sehen drei Viertel der befragten Top-Manager die Wettbewerbsfähigkeit ihres Unternehmens als gestärkt oder stabil an. Die „Gewinner“ zeichnet im Gegensatz zu den Wettbewerbern vor allem eine sehr hohe Veränderungsbereitschaft aus. Sechs Prozent haben an Wettbewerbsfähigkeit verloren. Die verbleibenden 16 Prozent sind bisher nicht in der Lage, ihre Wettbewerbsfähigkeit einzuschätzen.
„Wenn sich alles verändert, Lieferketten nicht mehr funktionieren, die Produktion in Teilen stillsteht und etablierte Vertriebskanäle wegbrechen, werden diejenigen Unternehmen zu Verlierern, die nicht in der Lage sind, sich fundamental zu verändern“, sagt Patrick Siebert, Co-Head Corporate Transformation Services bei A&M in Deutschland.
Zwei Drittel der befragten Unternehmen geben an, die nötigen Anpassungen geschafft zu haben. Ihre Veränderungsbereitschaft hat in den ersten Monaten der Corona-Pandemie deutlich zugenommen. „Operative Anpassungen mussten in vielen Fällen sofort passieren, um zunächst einmal den Fortbestand zu sichern. Strategische und taktische Änderungen sind jetzt erforderlich, um die Positionierung mittel- und langfristig zu festigen. Nachdem wir die erste Welle hinter uns gelassen haben, ist es nun in der zweiten Welle entscheidend, konsequent das Erlernte aus der Krise für das Geschäftsmodell, die Organisation und die Wertschöpfung zu nutzen“, sagt Philipp Ostermeier, Co-Head Corporate Transformation Services bei A&M in Deutschland.
Entscheidende Maßnahmen für erfolgreiche Unternehmen sind vor allem die Beschleunigung der Digitalisierung, Optimierung des Cashflows, flexible Ressourcen- und Kostenallokation sowie die Optimierung der Customer Experience. Dabei spielen Faktoren, wie eine Neugestaltung des Geschäftsmodells, die Entwicklung einer Wettbewerbsstrategie, oder die Reorganisation der Lieferkette ebenfalls eine entscheidende Rolle. 73 Prozent der Gewinner geben an, ihr Geschäftsmodell in der Krise neu gestaltet zu haben; bei den „Stabilisierern“, die ihre Wettbewerbsfähigkeit halten konnten, sind es 40 Prozent und bei den Verlierern 17 Prozent.
„Die „Gewinner“-Unternehmen nutzen die Krise auch, um sich für Fusionen oder Übernahmen (M&A) in Stellung zu bringen. Dabei geht es vornehmlich um Zukäufe zur Stärkung der Kernbereiche“, sagt Jürgen Zapf, Co-Head von A&M Deutschland. Außerdem wird die Abspaltung von Unternehmensbereichen vorbereitet, die nicht länger zum Kerngeschäft zählen. Diese Strategie-Überlegungen werden schon bald in Transaktionen münden. „Wir erwarten in den nächsten Monaten eine deutlich steigende Zahl von interessanten Carve-outs. Der Appetit der Marktteilnehmer für M&A sowohl bei den Unternehmen als auch von Private Equity wächst wieder deutlich“, so Zapf weiter.
Trotz erheblicher Umsatzeinbußen und Verluste in einigen Branchen: Unter dem Strich fällt die Bilanz für Unternehmen am Industriestandort Deutschland im Wettbewerbsvergleich überraschend positiv aus. Unternehmen dürfen sich dennoch nicht auf diesen Erfolgen ausruhen. Auf der anderen Seite haben viele Unternehmen staatliche Unterstützung in Form von Finanzierungshilfen und Kurzarbeitergeld erhalten. Die Finanzierungshilfen sind lediglich geliehen und müssen wieder zurückgezahlt werden. Mittelfristig sind diese Unternehmen noch nicht „über den Berg“, sondern müssen umso stärker an Ihrer Wettbewerbsfähigkeit arbeiten. In den kommenden Monaten wird es darauf ankommen, auf den Lerneffekten der Pandemie aufzubauen. Schnelle Reaktionsfähigkeit und kontinuierliche Optimierung von Prozessen werden mehr denn je zu entscheidenden Wettbewerbsfaktoren.