Mit Sensoren Daten zu sammeln und zu verarbeiten, ist fester Bestandteil moderner Fahrzeuge geworden. Doch Kunden wollen mehr: Smarte Autos sollen Services bieten, die wir auch in unserem digitalen Alltag verwenden.
Einsteigen, Motor starten, losfahren – die Basics des Autofahrens sind über die Jahrzehnte gleich geblieben. Doch die Fahrzeuge, die wir heute bewegen, unterscheiden sich grundlegend von ihren Vorgängern. Mit dem Fortschreiten der digitalen Transformation haben sie sich in rollende Computer verwandelt. Datenerfassung und Datenübermittlung sind zu wesentlichen Bestandteilen moderner Fahrzeugtechnik geworden, mit wachsender Bedeutung. Automobil-Experten gehen davon aus, dass schon in wenigen Jahren das Betriebssystem eines Autos und seine Vernetzung mit einer Daten-Cloud der wichtigste Faktor bei der Kaufentscheidung für ein Fahrzeug sein werden.
Unterwegs im rollenden Computer: Smarte Autos sollen die Services bieten, die wir auch sonst in unserem digitalen Alltag verwenden. Im Podcast beschreiben die Experten Felix Schwabe (Audi) und Simon Monske (Capgemini Invent), wie vernetzte Fahrzeuge unsere mobile Zukunft verändern werden.
Welche Herausforderungen die zunehmende Digitalisierung für die Fahrzeugbauer bedeutet, umreißt Felix Schwabe, Leiter des Bereichs Data-based Business Development bei Audi: „Wir müssen die Fahrzeuge in die Lage versetzen, praktisch in Echtzeit große Mengen Daten zu sammeln, zu verarbeiten und zu kommunizieren.“ Tatsächlich erfassen in einem modernen Audi bis zu mehreren tausend Sensoren relevante Fahrzeugdaten, die im Fahrzeug selbst verarbeitet werden.
Gleichzeitig stehen moderne Fahrzeuge aber auch in ständigem Austausch mit ihrer Umwelt, etwa mit smarter Verkehrsinfrastruktur. Audi ist hier Vorreiter mit seinem intelligenten Ampelassistenten, der in Deutschland seit 2019 in ausgewählten Modellen und Städten angeboten wird. Dabei werden die Daten von Ampeln verarbeitet, um die optimale Geschwindigkeit zu ermitteln, die für ein Fahren mit grüner Welle erforderlich ist. Audi arbeitet dabei mit Traffic Technology Services (TTS) zusammen. TTS bereitet die Rohdaten der städtischen Verkehrsmanagement-Zentralen auf und übermittelt sie an die Audi-Server. Von dort gelangen die Informationen über eine schnelle Internetverbindung ins Auto.
Eine aktuelle Untersuchung des Beratungsunternehmens Capgemini zeigt, dass Autofahrer solche Services zu schätzen wissen. „Unsere Studie hat gezeigt, dass die Wertschätzung der Kunden für Connected Services sehr groß ist“, sagt Marc Cäsar, Head of Smart Mobility Connect bei Capgemini Invent. „Zwei Drittel der von uns Befragten sagten: das ist sehr wertvoll, das bringt mir Vorteile.“
Der Fokus der Kunden wird dabei nach Einschätzung von Marc Cäsar in Zukunft nicht allein auf Daten zu Fahrzeug oder Verkehrssituation liegen. „Als Kunde möchte ich im Fahrzeug die Services nutzen, die ich auch in meinem sonstigen digitalen Leben verwende, etwa auf Tablet oder Smartphone. Und ich möchte auch Informationen erhalten, die mir in meiner aktuellen Situation weiterhelfen – zum Beispiel das Sonderangebot des Supermarkts, vor dem ich gerade parke. Das sind genauso nützliche Tools wie die Interaktion meines Fahrzeugs mit intelligenten Lichtsignalanlagen.“
Doch so groß das Interesse der Kunden an vernetzten Diensten im Fahrzeug auch ist, bei der tatsächlichen Nutzung solcher Services bietet sich derzeit noch ein etwas anderes Bild. Die Hälfte der im Rahmen der Capgemini-Studie Befragten hatte kein vernetztes Fahrzeug, von den anderen nutzte wiederum nur die Hälfte diese Services tatsächlich. Marc Cäsar sieht hier die Hersteller in der Pflicht: „Sie müssen ihre Kunden noch stärker dazu anregen, die Services zu nutzen, damit sie Daten generieren, die dann wiederum den Kunden zugutekommen.“
Ein Argument, mit dem die Hersteller dabei punkten können, ist der umfassende Datenschutz hierzulande. „In Europa haben wir sehr hohe rechtliche Standards, die dem Kunden etwa die Möglichkeit einräumen, Datenübertragung von sich aus jederzeit unterbinden und Dienste auch mal abschalten zu können“, erläutert Schwabe. „Datenschutz und Transparenz haben bei Audi höchste Priorität. Wir wollen dabei nicht nur die gesetzlichen Anforderungen erfüllen, sondern deutlich darüber hinausgehen. Daher überlegen wir bei jedem Feature, das wir neu entwickeln, wie wir nicht nur den Aspekt der Datensicherheit, sondern auch den Datenschutz umfassend und möglichst kundenfreundlich integrieren können.“ Und Marc Cäsar ergänzt: „Unsere Studie hat ergeben, dass die Menschen OEMs stärker vertrauen als etwa den großen Digitalkonzernen. Dieses Vertrauen sollten die Hersteller bewahren und mit Services, die maximalen Kundennutzen versprechen, langfristig weiter ausbauen.“
Mit diesem Vertrauen im Rücken können die Autobauer auch die nächste Herausforderung in Sachen vernetztes Fahren angehen. „Nachdem wir viele Jahre in die Technik zur Vernetzung von Fahrzeugen investiert haben, legen wir nun den Fokus auf die Vernetzung mit anderen digitalen Playern sowie den Aufbau einer nahtlosen Customer Journey und kundenzentrierten Diensten“, sagt Felix Schwabe. „Ich bin mir sicher, dass die Anzahl an digitalen Services und Produkten in Fahrzeugen in nächster Zeit deutlich zunehmen wird.“
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Felix Schwabe
Mit Innovationen in der Fahrzeugentwicklung beschäftigte sich Felix Schwabe schon während seines Studiums an der HTWK Leipzig. Zunächst bei BMW, seit 2009 bei Audi sucht der Wirtschaftsingenieur nach Wegen, Autos noch smarter zu machen und Kunden die Chancen der Digitalisierung von Fahrzeugen nahezubringen. Nach mehreren Stationen im Unternehmen, unter anderem als Executive Assistant der Werkleitung in Ingolstadt, leitet Felix Schwabe seit 2018 den Bereich Data-based Business Development bei Audi. (Bild: Audi AG)
Marc Cäsar
Dr. Marc Cäsar ist Experte für digitale Transformation beim Beratungsunternehmen Capgemini Invent. Dort arbeitet er als Director Automotive Digital eng mit seinen Kunden aus der Automobilbranche zusammen, um das neue Ökosystem der intelligenten Mobilität der Zukunft zu gestalten. Marc Cäsar konzentriert sich auf die Themen „Connected Cars“ und „Connected Customer Experience“. Als Teil des Führungsteams für Brand & Experience in Zentraleuropa ist er die treibende Kraft hinter „Smart Mobility Connect“ in Deutschland, Österreich und der Schweiz, einem maßgeschneiderten Angebot von Capgemini Invent für die Automobilindustrie. (Bild: Capgemini)
Simon Monske
Als Managing Consultant bei Capgemini Invent berät Dr. Simon Monske Kunden bei der Entwicklung neuer Geschäftsmodelle und Datenstrategien im Bereich Connected Vehicle. In seiner Promotion an der WWU Münster beschäftigte er sich mit den Themen Social Media Intelligence und Customer Journey Management. Heute zählt er zu den Gestaltern des Ökosystems der mobilen Zukunft und treibt strategische Partnerschaften mit digitalen Plattformen voran. (Bild: Capgemini)