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Logistik im „Neuen Normal“
Welthandel braucht digitale und differenzierte Lieferketten

Die Corona-Pandemie hat die Verwundbarkeit globaler Lieferketten aufgezeigt. Sollen sich Unternehmen künftig also stärker regional orientieren? Und braucht es mehr Digitalisierung? Die Antwort von drei Experten für globale Wertschöpfungsketten fällt eindeutig aus.

Frachtrouten

Die weltweite Wirtschaft ist von bruchlosen Transportwegen abhängig. (Bild: Adobe Stock)

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Christoph Wollny und Gunnar Ebner über die Zukunft der Lieferketten
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In den vergangenen Monaten stand die weltweit vernetzte Wirtschaft unter Druck: Unternehmen mussten den Betrieb einstellen, weil globale Lieferketten nicht mehr funktionierten und zwingend benötigte Zulieferungen ausblieben. Dass der freie Austausch von Waren und Rohstoffen schon vor Corona nicht immer reibungslose lief durch Handelsbarrieren, mit denen manche Regierungen die eigene Industrie schützen wollen, macht das Problem nur umso gravierender. Sollten Unternehmen hierzulande also künftig verstärkt auf heimische oder zumindest europäische Zulieferer setzen?

Thomas Wimmer

Professor Thomas Wimmer, Jahrgang 1959, blickt auf langjährige Erfahrung in der Industrielogistik zurück: bei BMW in Dingolfing, ab 1989 bei der Sauer-Sundstrand in Neumünster und ab 1993 bei der Bremer Vulkan Werft. Seit 1999 als Geschäftsführer bei der Bundesvereinigung Logistik (BVL) in Bremen, wurde er 2004 zum Vorsitzenden der Geschäftsführung berufen und im März 2020 zum Vorsitzenden des Vorstands der BVL gewählt. Seit 2004 ist Wimmer, der berufsbegleitend an der TU Berlin promovierte, auch als Lehrbeauftragter für Angewandte Beschaffungs-, Produktions- und Kontraktlogistik tätig. 2009 wurde er zum Honorarprofessor an der Universität Bremen bestellt.

Thomas Wimmer, Vorstandsvorsitzender der Bundesvereinigung Logistik (BVL), hält von diesem Lösungsansatz wenig. Auch auf dem Höhepunkt der Corona-Krise hätten sich viele Lieferketten durchaus als stabil erwiesen. „Natürlich sind manche auch brüchig geworden“, so Wimmer. „Wobei gar nicht die Lieferketten zwischen Deutschland und China das Hauptproblem waren, sondern eher die zwischen Deutschland und Italien, weil niemand damit rechnen konnte, dass der Schengen-Raum dichtgemacht wird. Für so etwas gibt es keine Blaupausen.“

Auch für Christoph Wollny, COO des Windkraftanlagenbauers Siemens Gamesa Renewable Energy, waren Lieferketten nicht unbedingt das Hauptproblem in der Krise: „Wenn ich auf unsere internationalen Standorte schaue, so standen nur etwa 20 Prozent aller aufgetretenen Probleme mit Lieferengpässen in Zusammenhang. Die waren in aller Regel nach vier bis sechs Wochen gelöst. Wesentlich gravierender waren die Folgen der durch die örtlichen Behörden angeordneten Shutdowns.“ Dazu zählten etwa die verhängten Reiseverbote, die es vielen Unternehmen unmöglich machten, Mitarbeiter zu notwendigen Montage- oder Servicearbeiten zu schicken.

Capgemini Wollny

Christoph Wollny ist seit Dezember 2018 Chief Operating Officer (COO) des Windkraftanlagenbauers Siemens Gamesa Renewable Energy. Gestützt auf 25 Jahre internationaler Erfahrung in unterschiedlichen Industriezweigen – unter anderem Auto, Kommunikation sowie Energie – war er zuvor bei Siemens unter anderem für das Supply Chain Management sowie für die Entwicklung neuer IT-Strategien verantwortlich. Sein Studium an der TU Berlin schloss er 1992 mit dem Master of Business Administration ab.

Dass ein Unternehmen wie Siemens Gamesa trotz solcher Probleme bislang gut durch die Krise gekommen ist, lag auch an der schnellen Reaktion zu Beginn der Pandemie. „Wir haben schon sehr früh, Anfang des Jahres, eine Task-Force eingerichtet, die sich den nötigen Maßnahmen zur Bewältigung der Situation widmete“, sagt Christoph Wollny. „Im Fokus stand dabei unter anderem die Umsetzung der Health-and-Safety-Protokolle im Unternehmen. Durch ein entsprechendes Risikomanagement konnten wir zudem bei unseren Partnern und Zulieferern frühzeitig erkennen, wo Krisensituationen entstehen könnten.“ Wichtig sei, dass ein Unternehmen mögliche Krisen nicht nur bei eigenen Produkten und Lieferanten früh erkenne, sondern auch bei Vorprodukten und deren Zulieferern, so Wollny weiter.

Der Schlüssel für dieses frühe Erkennen liegt nach Einschätzung von Gunnar Ebner, Executive Vice President des Beratungsunternehmens Capgemini, in der Bereitschaft zur Implementierung digitaler Lösungen. Unternehmen seien gut beraten, die Corona-Krise zum Anlass zu nehmen, um weiter in die Digitalisierung der Wertschöpfungsketten zu investieren. „Vernetzung der global verteilten Produktion über moderne Steuerungssysteme ist heute unverzichtbar. Durch Corona werden intelligente beziehungswiese vorhersagegestützte Alert-Systeme zur Sicherung der Supply Chain sicher einen Schub bekommen. Wie ja Corona insgesamt ein riesiger Digitalisierungstreiber in vielen Bereichen ist – denken Sie nur daran, dass verteiltes Arbeiten, unterstützt durch entsprechende Tools, plötzlich in der Breite machbar war“, so Ebner, ein ausgesprochener Experte für Industrie 4.0 und die Optimierung globaler Wertschöpfungsketten.

Capgemini Welthandel Gunnar

Dr. Gunnar Ebner, Executive Vice President & Global Account Executive bei Capgemini, kann auf mehr als 22 Jahre internationale Erfahrung im Bereich Management- und IT-Beratung zurückblicken. Digitale Strategie und Transformation, Optimierung globaler Wertschöpfungsketten und Logistik sind nur einige der Themenfelder, in denen der ausgewiesene Experte für die Fertigungsindustrie und Industrie 4.0 Kunden des Beratungsunternehmens betreut.

Von einer stärkeren Hinwendung zu lokal gebündelter Produktion hält Ebner eher wenig: „Die globale Arbeitsteilung muss es weiterhin geben, denn sie schafft Wohlstand. Es wird angesichts der Erfahrungen mit der Pandemie aber in Zukunft sehr wichtig sein, nicht nur einseitig auf einen Versorgungsweg zu setzen.“ Ein Argument, das auch für Thomas Wimmer Gewicht hat: „Alle Unternehmen stehen unter dem Primat der Kostensenkung. Und die Mehrkosten, die der Verzicht etwa auf asiatische Lieferanten bedeuten würden, lassen sich nicht einfach an den Kunden weitergeben.“ Es helfe nur, sich bei den Lieferketten Alternativen offenzuhalten. „Lieferanten müssen nicht unbedingt näher heranrücken, aber zumindest sollten es mehrere Lieferanten aus unterschiedlichen Regionen sein.“ Der BVL-Chef weiß aber auch: „Bei solchen Ausnahmekrisen wie jetzt im Zuge der Corona-Pandemie kann es auch dann immer noch zu Problemen kommen.“

Capgemini Studie Lieferketten

COVID-19 – Reaktion und Wiederherstellung

Einig sind sich die Experten darin, dass die gegenwärtigen Herausforderungen auch eine Chance für die globale Logistik bedeuten, indem sie die Digitalisierung weiter vorantreiben. „Man kann natürlich nicht jede Krisensituation voraussehen“, so Christoph Wollny. „Aber man kann anhand der aktuellen Erfahrungen die nötigen Vorkehrungen treffen, um auf künftige Krisen noch besser reagieren zu können. Und das ist dank der Digitalisierung mit ihren Möglichkeiten etwa zur Vernetzung oder zu exakten Rohstoff-Analysen sehr viel leichter geworden.“

Für Gunnar Ebner steht fest, dass die logistischen Versorgungsadern des Welthandels in der Nach-Corona-Zeit robuster sein werden: „Die Transparenz entlang der globalen Lieferketten wird zunehmen und damit auch die Steuerungsfähigkeit – gerade auch im Hinblick auf plötzlich auftretende Krisen wie Corona.“ „Wir haben vieles gelernt“, ist BVL-Chef Wimmer überzeugt. „Und mit der Bewältigung einer Herausforderung geht stets einher, dass wir für die Zukunft wissen, wie wir ihr beim nächsten Mal noch besser begegnen können.“

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